Roger Melis im C/O Berlin: Pferdewetten versus Automatencasino
Durch die Welt flanieren und besondere Momente mit der Kamera festhalten. Und vor allem: genau hinsehen, die Kleinigkeiten entdecken. Das beabsichtigte der im letzten Jahr verstorbene Berliner Fotograf Roger Melis mit seinen Bildern, die noch bis 2. Mai im C/O in Berlin zu sehen sind. Melis ist bekannt für Porträts von Schriftstellern oder bildenden Künstlern, Landschaftsaufnahmen und Modefotografien. Besonders eindrucksvoll sind seine Milieustudien aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, vor allem aus dem Arbeiterbereich.

Hierzu zählen beispielsweise die beiden Kohlenträger in der Rauchpause oder ältere Herren, die den Pferdewetten frönen, einer in den 50-er und 60-er Jahren sehr verbreitete Freizeitbeschäftigung. Man ging entweder sonntags live zum Pferderennen und setzte dort auf seinen Favoriten: mit edlem Anzug, Kleid und Hut, versteht sich. Schließlich handelt es sich um ein gesellschaftliches Ereignis, um Sehen und Gesehen Werden. Oder man ging in der Stadt ins Wettbüro: ein Treffpunkt unter Freunden, speziell für die Herren der Bevölkerung.
Heute lassen sich zum Thema (Pferde-)Wetten oder Glücksspiele in Berlin ebenfalls Milieustudien betreiben – allerdings in einem anderen Milieu, nämlich dem, das man landläufig unter „Milieu“ versteht: Spielhallen und Wettbüros, fest in osteuropäischer Hand. Wenn man durch die Straßen flaniert, speziell im Westen, stechen einem eine Reihe leer stehender Läden ins Auge. Viele Ladenbesitzer können sich die Mieten nicht mehr leisten und ziehen um oder müssen gar ihr Geschäft aufgeben. Ob der alteingesessene Möbelladen, die Musikalienhandlung oder der Trödelhändler – was bedeuten schon jahrelange Tradition und Qualität, wenn man als Hauseigentümer wesentlich höhere Mieteinnahmen mit Casinobesitzern bekommen kann? So finden die Läden nach und nach neue Betreiber, die daraus so spannende Etablissements wie Automatencasinos oder Wettbüros machen, die auch ähnlich spannendes Publikum anziehen.

Nur seltsam, dass sich die neuen Besitzer die teuren Westberliner Mieten leisten können? Naja, bestimmte Dinge hinterfragt man besser nicht. Vielleicht ist dies ja auch der neue Trend? Gott sei Dank halten Trends meistens nicht lange an. Und wer in der Zwischenzeit doch lieber ein bisschen in alten Zeiten schwelgen möchte, sollte sich die Berliner Impressionen aus dem Blickwinkel von Roger Melis auf keinen Fall entgehen lassen.
Roger Melis, Chronist und Flaneur: Retrospektive
Bis 2. Mai 2010 im C/O Berlin, Oranienburgerstr. 35/36, 10117 Berlin Mitte, www.co-berlin.com

Hierzu zählen beispielsweise die beiden Kohlenträger in der Rauchpause oder ältere Herren, die den Pferdewetten frönen, einer in den 50-er und 60-er Jahren sehr verbreitete Freizeitbeschäftigung. Man ging entweder sonntags live zum Pferderennen und setzte dort auf seinen Favoriten: mit edlem Anzug, Kleid und Hut, versteht sich. Schließlich handelt es sich um ein gesellschaftliches Ereignis, um Sehen und Gesehen Werden. Oder man ging in der Stadt ins Wettbüro: ein Treffpunkt unter Freunden, speziell für die Herren der Bevölkerung.


Heute lassen sich zum Thema (Pferde-)Wetten oder Glücksspiele in Berlin ebenfalls Milieustudien betreiben – allerdings in einem anderen Milieu, nämlich dem, das man landläufig unter „Milieu“ versteht: Spielhallen und Wettbüros, fest in osteuropäischer Hand. Wenn man durch die Straßen flaniert, speziell im Westen, stechen einem eine Reihe leer stehender Läden ins Auge. Viele Ladenbesitzer können sich die Mieten nicht mehr leisten und ziehen um oder müssen gar ihr Geschäft aufgeben. Ob der alteingesessene Möbelladen, die Musikalienhandlung oder der Trödelhändler – was bedeuten schon jahrelange Tradition und Qualität, wenn man als Hauseigentümer wesentlich höhere Mieteinnahmen mit Casinobesitzern bekommen kann? So finden die Läden nach und nach neue Betreiber, die daraus so spannende Etablissements wie Automatencasinos oder Wettbüros machen, die auch ähnlich spannendes Publikum anziehen.

Nur seltsam, dass sich die neuen Besitzer die teuren Westberliner Mieten leisten können? Naja, bestimmte Dinge hinterfragt man besser nicht. Vielleicht ist dies ja auch der neue Trend? Gott sei Dank halten Trends meistens nicht lange an. Und wer in der Zwischenzeit doch lieber ein bisschen in alten Zeiten schwelgen möchte, sollte sich die Berliner Impressionen aus dem Blickwinkel von Roger Melis auf keinen Fall entgehen lassen.
Roger Melis, Chronist und Flaneur: Retrospektive
Bis 2. Mai 2010 im C/O Berlin, Oranienburgerstr. 35/36, 10117 Berlin Mitte, www.co-berlin.com
SeenInBerlin - 20. Apr, 08:30